Geschichte der Verfassten Studierendenschaft

Im Juni 2012 hat der Landtag von Baden-Württemberg die Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaft beschlossen. Die Verfasste Studierendenschaft bedeutet, dass es eine gesetzlich verankerte Studierendenvertretung gibt.  Im Januar 2013 wurde fand die Urabstimmung zur Organisationssatzung der verfassten Studierendenschaft statt. Vom 10.-14. Juni wurden zum ersten Mal in der VS die Fachschachftsvorstände und das Studierendenparlament gewählt. Seit dem 29.10.2013 ist der erste verfasste AStA im Amt. Das VS-StuPa hat Ende 2013 das Studierendenparlament des unabhängigen Modells vollständig abgelöst.

Nach der Abschaffung der Verfassten Studierendenschaft 1977 wurde in Karlsruhe ein sogenanntes Unabhängiges Modell etabliert. Damit gibt es eine von der Hochschule unabhängige, in ihren Handlungen freie Studierendenvertretung. Die U-Modelle werden durch die Studierenden in jährlichen Wahlen bestätigt und ihre Vertreter damit fortlaufend neu gewählt und legitimiert. Meistens übernimmt das U-Modell auch die Besetzung der offiziellen Gremien, um die demokratisch gewonnene Meinung der Studierenden auch dort zu vertreten.

Die Verfasstheit der Studierendenschaft

Verfasst ist eine Studierendenschaft, wenn sie eine gesetzlich verankerte Körperschaft öffentlichen Rechts ist, deren Aufgaben, Funktionen und Befugnisse ebenfalls per Gesetz definiert sind. Die Studierendenschaft meint hierbei alle eingeschriebenen Studierenden der Hochschule. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts und Teilkörperschaft der Hochschule kann die VS als juristische Person agieren und zum Beispiel Verträge abschließen. Das ist unter anderem relevant für die Verhandlungen über das Studiticket oder die Möglichkeit, Beratungsangebote zu schaffen. Beide Aufgaben werden in Karlsruhe zur Zeit vom Studentenwerk übernommen, dass aber nur mittelbar von Studierenden beeinflusst werden kann.

Die studentische Selbstverwaltung am KIT hat sich ein Konstrukt aus mehreren Vereinen geschaffen, um Serviceleistungen wie den Sprinter-Verleih oder die Druckerei anbieten zu können. Für unsere Finanzreferenten heißt das, jedes Jahr aufs neue drei statt einen Jahresabschluss zu machen und bei jeder Überweisung zu überlegen, woher Gelder für welchen Zweck genommen werden können. Eine Verfasste Studierendenschaft würde also die Arbeit der studentischen Vertretung erheblich erleichtern und ihr als Verhandlungspartner auch mehr politisches Gewicht geben. Die Aspekte Politik und Finanzen sind bereits deutlich angeklungen und sollen noch tiefer verdeutlicht werden.

Die Finanzen der Studierendenschaft

Die Finanzen der Verfassten Studierendenschaft sind die Mitgliedsbeiträge ihrer Mitglieder, in der Regel also aller Studierenden der Hochschule. Es gibt auch Modelle, in denen Studierende wählen können, ob sie Teil der juristischen Person Studierendenschaft sein wollen oder nicht. Die Mitgliedsbeiträge werden pro Semester erhoben und ermöglichen die Arbeit der studentischen Vertreter. Die Höhe der Beiträge wird von der studentischen Selbstverwaltung festgelegt, meistens dem Studierendenparlament oder Studierendenrat. Die studentischen Vertreter können jedoch nicht beliebig viel Geld von ihren Kommilitonen verlangen, sondern müssen jedes Semester die Verhältnismäßigkeit begründen und darlegen, wofür die Gelder gebraucht werden. Als Richtwert werden ca. 6-10 Euro von jedem Studierenden zu Beginn des Semester zusammen mit Studentenwerksbeitrag, Verwaltungsgebühren und ggf. Studiengebühren eingezogen. An großen Hochschulen kommen so beachtliche Summen zusammen. Für das KIT würde das ein AStA-Budget von ca. 250.000-400.000 Euro je Semester ergeben. Aus diesen Geldern wird die Arbeit der studentischen Gremien finanziert. Von Büromaterialien über Reisekosten bis hin zu Aufwandsentschädigungen darf alles, was der Erfüllung des Aufgabenbereichs dient, aus dem Budget finanziert werden.

In den meisten Modellen obliegt die Finanzaufsicht dem Rektor, der bei Ausgaben außerhalb des Aufgabenbereichs einschreiten muss und ggf. auch juristisch gegen die studentischen Vertreter vorgehen kann. Rechenschaft sind die Vertreter aber in erster Linie ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen schuldig. Die großen Geldsummen bergen immer das Risiko und die Versuchung des Betruges und der persönlichen Bereicherung. Es ist schwierig dagegen Sicherungen einzuziehen, außer natürlich das Vertrauen, dass die Wähler in ihre demokratischen Vertreter setzen.

Wie in allen größeren demokratischen Systemen entscheiden die Wähler, wer in ihrem Namen agieren darf, und damit auch wer das Geld einsetzen darf. Die Studierenden sind vor der Wahl aufgefordert, sich über die verschiedenen politischen Listen zu informieren und eine fundierte Wahl zu treffen. Während der Legislaturperiode, die meistens zwei Semester lang ist, können einzelne Studierende ihre Vertreter nur über den Rechtsweg an unzulässigen Ausgaben hindern, insbesondere der Opposition im Studierendenparlament kommt dabei eine Kontrollfunktion zu. Bei der nächsten Wahl entscheidet dann wieder die gesamte Studierendenschaft, ob die aktuellen Vertreter ihr Vertrauen noch besitzen oder ob diese ihr Amt abgeben müssen.

Die politische Vertretung

Das ausgesprochene Vertrauen bezieht sich aber nicht nur auf die finanziellen Angelegenheiten der Studierendenschaft. Die Hauptaufgabe der studentischen Vertreter ist es schließlich nicht, Geld zu verwalten, sondern ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen politisch zu vertreten. Der Rahmen dieser Vertretung hängt vom Umfang des erteilten Mandats ab. Wie weit die gewählten Vertreter für ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen sprechen dürfen, ist zusammen mit dem Aufgabenbereichen der Verfassten Studierendenschaft im Gesetz geregelt. Insbesondere wird dabei zwischen einem allgemein- und einem hochschulpolitischen Mandat unterschieden. Mit einem allgemeinpolitischen Mandat dürfen sich die studentischen Vertreter zu allen die Studierenden betreffenden Themen äußern, weit ausgelegt beinhaltet dies alle gesellschaftlichen Themen. Allerdings gibt es auch hier wieder Einschränkungen, wenn alle Studierenden zwangsweise Mitglied der Studierendenschaft sind (sogenannte Zwangskörperschaft).

Das hochschulpolitische Mandat beschränkt sich dagegen explizit auf hochschulpolitische Themen, darunter fällt beispielsweise aber auch studentische Sozialpolitik. Die gewählten Vertreter im Allgemeinen Studierendenausschuss oder Studierendenrat sind für die Öffentlichkeit der erste Ansprechpartner bezüglich aller Anfragen an die Studierendenschaft. Die Verfasste Studierendenschaft ermöglicht es dadurch, die studentischen Interessen zu bündeln und besser koordiniert in Politik und Gesellschaft einzubringen.

Satzungsautonomie – oder: Wie baut man eine Studierendenschaft?

Eine Verfasste Studierendenschaft ist in den meisten Fällen eine relativ komplexe Struktur mit vielen Gremien und Organen. Dadurch soll erreicht werden, dass sich möglichst viele Studierende auf möglichst vielen Ebenen in die Selbstverwaltung einbringen können. Es hat sich gezeigt, dass es schwierig ist die perfekte Verfasste Studierendenschaft zu gestalten, viel mehr wurde in der Vergangenheit deutlich, dass sich an den einzelnen Hochschulen verschiedene Modell etablierten und als sinnvoll erwiesen. In den Landeshochschulgesetzen sind daher in der Regel auch nur bestimmte Kernelemente und Strukturen vorgeschrieben, die konkrete Ausgestaltung findet an den einzelnen Hochschulen statt; natürlich im Rahmen des demokratischen Grundprinzips.

Jede Studierendenschaft gibt sich eine eigene Satzung, in der die Beziehungen und Aufgaben zwischen den verschiedenen Gremien spezifiziert wird. Diese Freiheit nennt man Satzungsautonomie. Sie ermöglicht den Einfluss verschiedener Gruppen, zum Beispiel der Fachschaften oder StuPa-Fraktionen, zu beschränken oder auszuweiten. Neben den praktischen Konsequenzen ist die Satzungsautonomie auch ein wesentlicher Bestandteil der demokratietheoretischen Elemente der Verfassten Studierendenschaft. Die Studierenden sollen lernen, sich selbst demokratisch zu organisieren und dabei sinnvolle Strukturen entwickeln. An der Uni Karlsruhe wurde ein Zwei-Kammer-Modell in weiten Teilen analog zur Bundesrepublik ausgearbeitet, an großen Hochschulen ist es mit Abstand die gängigste Variante.